Von Ostern her sehen

Von Ostern her sehen
das war ein Spruch, den ein Mitbruder immer wieder gebracht hat.
Von Ostern her sehen.
Warum Ostern? Eigentlich klar. Alles kommt von Ostern her!
Für uns Christen ist das Osterfest das wichtigste Fest im Jahr. Ohne Ostern kein Christentum – keine Christen. Da wären wir nicht was wir sind – wären wir heute hier nicht zusammen. Das Osterfest ist der zentrale Moment im Kirchenjahr. Von Ostern her definiert sich alles.
Aber das ist nur die eine Richtung, denn wir können Ostern nur feiern, wenn wir auch den Karfreitag begehen. Ohne Karfreitag kein Ostern.
Karfreitag und Ostern.
Einerseits sind sie sich ganz nah und bedingen sich gegenseitig andererseits sind sie ganz weit von einander weg und drücken das totale Gegenteil aus.

Tod und Leben.
Dunkel und Licht.
Leid und Freude.

diese Gegensätze gehören für uns Christen zusammen. Oft schwierig auszuhalten doch ohne das eine nicht das andere.
So müssen wir als Christen die Zeichen von Ostern her deuten. damit wir verstehen, was die Botschaft der Auferstehung uns sagen will. Wo finden wir diese Zeichen?

Ganz viele Zeichen sind im Johannes Evangelium versteckt – ich möchte nur ein paar andeuten.
Maria Magdalena geht frühmorgens zum Grab. Sie geht in der Dunkelheit. In der Dunkelheit entscheidet sich das Leben. Der Übergang vom Tod zum Leben. Große Erkenntnisse geschehen auch in der Nacht. So war es ja auch schon früher mit Nikodemus, der in der Nacht das Gespräch mit Jesus gesucht hatte. Auch da hat sich bei Nikodemus für sein Leben viel entschieden.
Maria Magdalene kommt zum Grab und sieht, daß der Stein weggenommen ist. Der Stein als Symbol für Verschlossenheit. Nun ist das Grab geöffnet: nichts ist mehr da, was blockieren kann. Was das neue Leben zurückhalten kann.
Dann die beiden Jünger, die zum Grab laufen. Wir Schwaben denken uns da erst einmal nichts. Wenn wir aber das Laufen aus dem Hochdeutschen ins Schwäbische übersetzen, dann heißt das Rennen. Ja die beiden Jünger sind ziemlich schnell unterwegs. Aber der andere Jünger ist schneller als Petrus. Er begreift die Auferstehung schneller als Petrus. Er weiß schneller, was passiert ist. Er hat schneller die Auferstehung begriffen.
Auf ein letztes Zeichen will ich eingehen, das Johannes uns gibt. Es ist das Schweißtuch. In der Einheitsübersetzung heißt es, daß es zusammengebunden an einer eigenen Stelle lag. Diese Stelle kann aber auch übersetzt werden, daß es zusammengefaltet an einer anderen Stelle lag. Zum Beispiel die Bibel in gerechter Sprache schreibt zusammengefaltet. Was steckt dahinter? Vor einiger Zeit habe ich dazu einen interessanten Radiobeitrag gehört. Er beschrieb die Tischsitten in Israel – also der Kulturkreis aus dem Jesus stammte. In Israel ist es üblich während des Essens auch einmal aufzustehen und hinauszugehen. Zum Beispiel eine zu rauchen oder die Füße zu vertreten, damit wieder etwas hineinpaßt. Als Zeichen für das Servicepersonal gilt: ist die Serviette zusammengeknüllt komme ich nicht zurück. Ist die Serviette schön zusammen gefaltet heißt das ich komme zurück.
Wenn nun das Schweißtuch zusammengefaltet im Grab liegt, will uns damit der Evangelist nicht sagen: Jesus kommt zurück? Er bleibt nicht im Tod – er kommt wieder zum Leben. Ich denke eine legitime Deutung.

das sind ein paar Zeichen, die wir als glaubende Menschen bekommen.
Es sind Zeichen, die jeder Mensch erst einmal sieht, die aber nur der glaubende Mensch deuten kann. Aus seinem Glauben heraus.
So müssen wir auch die Zeichen in unserem Leben von Ostern her deuten.
Wo sind die Zeichen, die auf Auferstehung, die auf Leben, die auf Licht, die auf Leben hindeuten?
Kann ich Ereignisse, die erst einmal negativ erscheinen, positiv deuten? Daß auch im scheinbar Schlimmen Gutes ist.
Ich will nichts verharmlosen – das Schwere und das Leid haben erst einmal ihren Platz, doch gerade als Menschen die von der Auferstehung her leben, von Ostern her leben, bekommen diese Ereignisse einen neuen Sinn.
Dazu sagte einmal ein früherer Mesner vom Schönenberg: „Koi Schada wo net au a Nutze dabei isch:“
Von Ostern her sehen. Was verändert sich? Was ist anders? Ich möchte einen Text von Lothar Zenetti dazu zitieren:

Mir ist ein Stein
vom Herzen genommen:
meine Hoffnung
die ich begrub
ist auferstanden
wie er gesagt hat
er lebt er lebt
er geht mir voraus!

Ich fragte:
Wer wird mir
den Stein wegwälzen
von dem Grab
meiner Hoffnung
den Stein
von meinem Herzen
diesen schweren Stein?

Mir ist ein Stein
vom Herzen genommen:
meine Hoffnung
die ich begrub
ist auferstanden
wie er gesagt hat
er lebt er lebt
er geht mir voraus!

(Ostermorgen
Aus: Lothar Zenetti, Auf seiner Spur. Texte gläubiger Zuversicht. Matthias-Grünewald Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern 2011.)

von Ostern her sehen. Das haben wir als glaubende Menschen – nicht glaubenden Menschen voraus. Denn wir können die Welt und unser Leben im Licht der Auferstehung deuten. Dadurch ist nicht alles gleich gut – aber es wird gut. Wir sehen als glaubende Menschen mehr als nicht glaubende. Wir müssen es nur tun. Daher lade ich ein: Laßt uns unser Leben von Ostern her sehen.

P. Jens Bartsch

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